Montag, 7. April 2008

Südafrika – Das Land der Glaubensfreude

Die Gegensätze könnten größer nicht sein. Die katholische Pfarrei St. Timothy, in der wir gestern abend zu Gast waren, liegt in einem der zahlreichen Townships vor Kapstadt. Die Nazareth-Gemeinde, in der heute morgen gemeinsam der Sonntagsgottesdienst gefeiert wurde, gehört zu dem schmucken Viertel Vredehoek, nur knapp zehn Autominuten vom Kapstädter Zentrum entfernt. St. Timothy betreut rund 3000 vorwiegend schwarze Gemeindemitglieder, die Nazareth-Kirche ist Zentrum für etwa 1000 deutschsprachige Katholiken, die in der Kap-Region leben und arbeiten. Die beiden Pfarreien haben aber auch etwas gemeinsam: ihr Glaubensbekenntnis und den weltberühmten Tafelberg. Vredehoek liegt direkt am Fuß dieses gewaltigen Sandstein-Massivs, St. Timothys Township gewährt zumindest den Fernblick auf das Wahrzeichen der Stadt. „Tafelsig“ heißt das Wohnghetto folgerichtig – zu Deutsch „Tafelblick“.

Dabei ist die deutschsprachige Nazareth-Gemeinde durchaus kein Hort der Reichen und Superreichen. „Vom Arzt bis zum Fliesenleger sind bei uns alle möglichen Berufe vertreten“, erzählt Diakon Martin Reuter, der vom Bistum Münster für ein halbes Jahr als Pastoralreferent ans Kap der Guten Hoffnung „ausgeliehen“ wurde. Reuter wollte auch deshalb nach Kapstadt, weil der deutsche Gemeindepfarrer Stefan Hippler mit seinem Aids-Hilfsprojekt HOPE eine starke Anziehungskraft auf ihn ausgeübt hat. Hippler, der aus dem Bistum Trier kommt, sorgte vor einem Jahr für Schlagzeilen, als er zusammen mit dem Journalisten Bartholomäus Grill das Buch „Gott, Aids, Afrika“ veröffentlichte – eine Streitschrift, die wegen ihrer Kritik am kirchlichen Kondom-Verbot heiß diskutiert wurde.

Beim Gottesdienst am Sonntagvormittag war Stefan Hippler nicht dabei – der Pfarrer hat gerade mehrere Wochen Urlaub. So war es an Diakon Reuter, sich bei den Domspatzen für ihren „wunderbaren Gesang“ zu bedanken: „Ich habe leuchtende Augen gesehen und Münder, die mitgesungen haben!“ Und dann lüftete der Pastoralreferent noch ein Geheimnis: Unter den Gläubigen, deren norddeutsches und württembergisches und bayerisches Idiom ihre Herkunft verriet, befand sich auch Manfred Vorderwülbecke, langjähriger prominenter Sportreporter des Bayerischen Fernsehens. Seit seiner Pensionierung verbringt er alljährlich fünf Monate in Kapstadt, weil hier seine Tochter lebt. Was niemand wusste: Der heute 68-Jährige war von 1950 bis 1954 selbst Mitglied der Regensburger Domspatzen.

Den Gottesdienst in der Nazareth-Kirche zelebrierten Dompropst Dr. Wilhelm Gegenfurtner und Domkapitular Peter Hubbauer. Wilhelm Gegenfurtner betonte in seiner Predigt noch einmal das Hauptmotiv der Südafrika-Reise: den Regensburger Missionaren und Missionarinnen – vor allem den hier tätigen Mallersdorfer Schwestern – für ihren Einsatz zu danken. Die Begegnungen mit den Ordensleuten und Priestern hätten gezeigt, dass „der Mensch erst dann so richtig in seinem Element ist, wenn er liebt, wenn er auf andere schaut und fragt: Wie kann ich helfen?“ Mit solchen Taten der Nächstenliebe vor Augen böte sich die Chance, „das eigene Leben zu überdenken und vielleicht neu auszurichten“. Weltkirchen-Referent Peter Hubbauer schloss das Wirken der Kapstädter deutschen Gemeinde in seine Bilanz mit ein: „Hier haben wir erlebt, dass man als deutschsprachiger Katholik auch im Ausland Seelsorge und religiöse Geborgenheit in den gewohnten kirchlichen Strukturen erfahren kann. Wir daheim können von diesen Gemeinden lernen, dass Glaube verbindet und die Menschen zusammenführt.“

Wie sehr gelebter Glaube alle Fremdheit vergessen lässt, erlebten wir am Abend. An den Gottesdienst in der St. Marys Cathedral schloss sich ein Konzert an, das diesmal nicht allein die Domspatzen boten. Mit dabei war der Simon Estes School Choir. Die Mitglieder kommen aus den Townships. Sie möchten gerne eine CD-Aufnahme machen, doch dafür fehlt das Geld. So waren die Besucher zu einem Benefizkonzert eingeladen. Beim offiziellen Teil wechselten sich die Gesänge der beiden Chöre ab. Doch dann gab es kein Halten mehr. Der Simon Estes School Choir legte bei den Zugaben richtig los. Der Kirchenchor wandelte sich in pure musikalisch gelebte Freude. Es wurde getanzt und immer wieder ein neues Lied angestimmt. Die Domspatzen stürmten in den Chorraum, reihten sich ein und ließen sich vom Rhythmus der einheimischen Jugendlichen begeistern. Der Geist der Begegnung, der dieser Südafrika-Reise Sinn und Ziel verlieh, wurde unmittelbar Musik. Und nachdem die Domspatzen das alle verbindende Südafrika-Lied so perfekt drauf haben, wurde es zum Abschluss so laut geschmettert, dass es aus den Kirchenmauern hinaus auf die Straßen Kapstadts hallte.

Von der Kirche ging’s in das Paulaner-Brauhaus. Hier wird tatsächlich das original Bier aus München gebraut. (Zitat Vorderwülbecke: „Wir kommen zweimal in den fünf Monaten hier her. Es hilft die Fatamorgana vom frisch gezapften Weißbier zu vertreiben.“) An den Bierbänken rückten bayerische und südafrikanische Lebenslust bei Leberkäs und Kartoffelsalat eng zusammen. Die Jugendlichen verstanden sich auf Anhieb – ein Prost auf Südafrika!


PS: In vier Stunden werden wir geweckt. Die erste Gruppe hebt ab über dem Land, das uns in den vergangenen zwei Wochen so viele Eindrücke geschenkt hat, das uns Einblicke gewährt hat in die zuvor unvorstellbare Armut vieler Menschen und Ausblicke eröffnet hat auf grandiose Landschaften. Ich danke Ihnen, dass Sie uns auf dieser Reise durch die Weiten Südafrikas begleitet haben und freue mich, dass Sie meine Texte mochten – auch wenn kurz vor Mitternacht nach einem erfüllten Tag das Formulieren manchmal nicht mehr so flüssig ging. Ein riesiger Dank an Mivo (Michael Vogl), der mit einer Engelsgeduld mit mir in so vielen nächtlichen Stunden Bilder ausgesucht und hochgeladen hat. Und natürlich an die Reiseleitung, die ständig auf der Suche nach Funksigalen mit Wlan und Voucher immer für die technisch richtige Verbindung sorgte. Danke auch meinem Kollegen Thomas Berg, der heute den ersten Teil des Blogs geliefert hat und mir damit eine Stunde mehr Schlaf gönnen wird. Ich freue mich auf das Wiedersehen in Regensburg. Ihre Maria Baumann

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Hallo Domspatzen,
mit Freude habe ich den Bericht über Euren kurzen Kapstadt-Aufenthalt gelesen. Und es hat uns gestern Morgen in der Deutschsprachigen Gemeinde wirklich gut gefallen, Eurem Gesang zu lauschen.
Zudem konnte ich gestern Abend noch das gemeinsame Konzert mit dem Simon-Estes-Musikschulchor besuchen, bei dem mich beide Chöre stark beeindruckt haben. Und es war eine Freude zu sehen, wie alle gemeinsam strahlend aus der Kirche gegangen sind.

Es grüßt herzlich,
Martin Reuter
Pastoralreferent, kein Diakon (!)
Dt.-sprachige kath. Gemeinde am Kap

Anonym hat gesagt…

Auch der Pfarrer der Deutschsprachigen katholischen Gemeinde in Kapstadt gruesst ganz herzlich aus seinem Urlaub und freut sich, das Suedafrika und Kapstadt fuer Euch Domspatzen ein solch grossartiges Erlebnis war. Schade, das ich nicht dabei sein konnte. Aber die Gemeinde ist so selbststaendig, da klappt das auch ohne Pfarrer ganz gut..:-) Ich wuensche mir, das Eure Erfahrungen noch lange in Eurem Alltag lebendig bleiben.
Herzlichst
Stefan Hippler
Pfarrer