Höhepunkte werden bei dieser Reise jeden Tag neu definiert. Wir haben schon so viel Schönes und Besonderes erlebt, und doch war unser Tag heute voller neuer, bewegender Eindrücke.

Nach einem Mittagessen mit Büffet unter freiem Himmel mit Blick auf die Drakensberge fuhren wir nach Dundee.
In der bescheidenen „Catholic Cathedral of the Holy Rosary“ empfing uns Peter Cullen. Er ist Diözesanadministrator, und dieses Amt beschrieb er mit dem ihm eigenen Humor: Er macht alles, was ein Bischof macht – “but without the funny hat”. Für ihn gab es natürlich zur Aufmunterung für sein Amt ein Ständchen der Domspatzen. Im gemeinsamen Gebet erbat er Gottes Segen für unsere weitere sichere Reise durch Südafrika.
Durch eine Landschaft, die tatsächlich noch weiter und grandioser wird, ging es nach Maria Ratschitz, ein Stück Erde fast wie im Paradies, wie es Bischof Gerhard Ludwig Müller später in der Predigt beschrieb. An sicher einem der schönsten Orte Südafrikas leisten die Mallersdorfer Schwestern hier eine der schwersten Arbeiten. Sie haben in der ehemaligen Missionsstation der Trappisten vor genau zehn Jahren begonnen, ein Hospiz, besonders für Aidskranke, aufzubauen. Das Duduza care centre umfasst auch ganz besonders die Home based care und damit die ärztliche Versorgung der Patienten daheim. Die Schwestern fahren in die Homelands, um für die Kranken zu sorgen. Dazu bilden sie freiwillige Helfer aus, die sogenannten volunteers. Ein Schwerpunkt d
er Aids-Arbeit ist das Jugendprogramm, das Peer to peer Aids education programme. Jugendliche, die sich intensiv mit der Aids-Problematik befasst haben, oft selbst Aidswaisen sind, bringen Gleichaltrigen das nötige Wissen über die Krankheit bei und versuchen, die Persönlichkeit und das Selbstbewusstsein der Einzelnen zu stärken. Schwester M. Dr. Irmingard Thalmeier, die diese Arbeit als Ärztin leitet, sieht eine ganz wichtige Aufgabe darin, den Mädchen Selbstwertgefühl zu vermitteln. Die Rolle der Frau sei einer der wichtigsten Ansatzpunkte für die Auseinandersetzung mit Aids in Afrika.
Am nächsten Dienstag, 1. April, jährt sich ein Ereignis, das für die Schwestern zu den traurigsten Erfahrungen gehört. Durch die Unachtsamkeit eines Patienten brannte das Hospiz. Drei Bewohner kamen ums Leben. Sister Mary Anne Thöle wollte die Kranken aus dem brennenden Haus retten und starb selbst in den Flammen. Der Erinnerung an die Frau, die sich selbst für die Nächsten opferte, widmeten die Domspatzen im Konzert zwei Lieder.
Das Hospiz wird gerade neu aufgebaut. Zur Zeit kann deswegen nur eine Aids-Patientin betreut werden. Die etwa 50-jährige Frau wurde von ihrer Familie verstoßen. Barfuss lief sie an Ostern den Weg von Dundee nach Maria Ratschitz. Um fünf Uhr morgens ging sie los, abends kam sie bei den Schwestern an. Mit ihr haben in dem Haus der Nardini Sisters drei Männer und ein Mädchen ein Heim gefunden. Die Männer waren obdachlos, einer von ihnen hat nicht einmal einen Namen.
Bischof Dr. Gerhard Ludwig Müller besuchte in der Zeit des Konzerts der Domspatzen in der Kirche die Patienten in ihren Zimmern. Das Schicksal jedes Einzelnen ist unfassbar, und doch erschüttert die Geschichte der 19-jährigen besonders. Das Mädchen wurde von den Eltern so schwer misshandelt, dass es vom Kopf abwärts vollkommen gelähmt ist. Der Bischof betete mit ihr das Vaterunser, versuchte mit dem Glauben Trost zu spenden in einem Schicksal, das sprach- und hilflos macht.
Auch Schwester Irmingard geht es so. „Es ist so schwer, jedes Mal wieder, wenn ich bei ihr bin.“ Die Arbeit, die sie jeden Tag für die Menschen leisten, ist für die Schwestern nie Alltag geworden. Maria Ratschitz ist ein Ort der tatsächlich gelebten christlichen Nächstenliebe. „Wir müssen auch darüber reden. Bei echten Problemen sprechen wir mit den Priestern. Ganz wichtig aber ist auch die Gemeinschaft. Wir müssen auch im Kreis der Schwestern miteinander reden und auch lachen können, um damit umgehen zu können“, sagt Schwester Irmingard. „Wir sind einfache
Menschen, die für einfache Menschen da sind und dabei immer auf Gott vertrauen.“ Das macht für sie das Besondere der Mallersdorfer Schwestern aus.
Dass die Aufgaben in Maria Ratschitz nur mit der inneren Kraft und der unbändigen Lebensfreude der Nardini Sisters zu bewältigen sind, durften wir erleben.
Wir erfuhren eine herzliche Gastfreundschaft und einen Abend, an dem herzlich gelacht und tief berührt geweint wurde. „Die Diöz
ese sagt Danke“: Das Motto der Pastoralreise stand schon beim Konzert im Mittelpunkt und fand noch einmal nach dem Abendessen klingenden Ausdruck. Die Nardini Sisters saßen in der ersten Reihe, als die Domspatzen mit Volksliedern viele Erinnerungen weckten. Die Schwestern stimmten in die vertrauten Weisen ein und sangen beim „Muss i denn zum Städtele hinaus“ fröhlich mit. „Wir sind heute alle mindestens 20, 30 Jahre jünger geworden“, meinte Gebietsoberin Schwester Isentraud Rauscher, eine gebürtige Wiesenfeldenerin, lachend beim Dank an Domkapellmeister Roland Büchner und seine Buben. Doch nicht nur strahlende Gesichter belohnten die Domspatzen.
„Wir haben heute einen Feiertag“, hatten die Schwestern am Nachmittag die Ruhe auf dem weitläufigen Gelände erklärt. Auch die Arbeiter hätten zur Feier des Tages, dem Besuch der Regensburger Gäste, frei bekommen. Sie waren aber alle da, als die Domspatzen sangen. Und tanzten mit frohen Zululiedern in den Saal. Ihre Antwort auf das Konzert war nahezu ein „
afrikanisches Schuhplattln“. Die Domspatzen waren begeistert. Die einheimischen Nardinischwestern brachten mit ihren Freunden ihre Zuluheimat zum Klingen. Augenblicklich waren alle im Saal begeistert dabei - und Bischof Dr. Gerhard Ludwig Müller und
Superior Dr. Wilhelm Gegenfurtner mittendrin. Im großen Kreis antworteten afrikanische und deutsche Sangesfreude einander, fiel jede Fremdheit im gemeinsamen Klatschen und Singen. Und als die Domspatzen ihr erstes gelernte südafrikanische Lied anstimmten, sangen die afrikanischen Gastgeber nicht nur voller Begeisterung mit. Die Buben berührten damit so sehr, dass junge Frauen nicht mehr nur verstohlen ihre Tränen wegwischten. Schwester Regilind Eichenseher, vor 73 Jahren in Oberpfraundorf geboren, die uns ein großartiges Büffet kredenzt hatte, tanzte so fröhlich mit, dass jedem, der ihr zusah, schnell merkte, dass sie längst afrikanischen Rhythmus im Blut hat.
Der Abschied von Maria Ratschitz, diesem ganz besonderen Ort, fiel uns schwer. Domspatzen und die Nardini Sisters hielten sich lange in den Armen. Jeder ging mit dem Gefühl, etwas Unvergessliches mitzunehmen. Wir kamen, um Danke zu sagen, und wurden reich beschenkt.